Koliken – man kann sie nicht
verstehen bis man sie selbst miterlebt
Als ich im Dezember letzten Jahres
erfahren habe, dass ich wieder schwanger bin, war ich natürlich wie die meisten
Mütter wieder mega aufgeregt. Ich malte es mir wieder schön rosig aus: eine
angenehme Schwangerschaft, ein gesundes Baby, eine brave große Schwester und zu
allerletzt, ein ruhiges Baby ohne Koliken.
Ich dachte nie an ein Schreibaby,
denn unsere erste Tochter war eines und ich dachte nicht, dass wir
den Jackpot haben könnten mit einem zweiten. Die Koliken-Zeit mit Ella war
schon ziemlich heftig damals. Die ersten 3 Monate hat sie täglich
geschrien. Zwischen 18:00-19:00 Uhr ging es meistens los und dauerte bis zu
drei Stunden, manchmal auch länger. Das Gute war jedoch, dass sie immer
nur abends zum Schreibaby wurde und wir trotzdem noch ruhige Tage hatten.
Damals dachten wir, es kann nicht
schlimmer werden. Tja, da hatten wir uns getäuscht! Es ist tatsächlich
schlimmer geworden und zwar so schlimm, dass es an den Kräften zehrte!
Meine Schwangerschaft mit Lina war
ein Traum, bis auf einige Tage, an denen ich mich nicht wohlgefühlt habe. Ich
konnte die Schwangerschaft in vollen Zügen genießen, da mein Mann zu dieser
Zeit auch zu Hause war. Somit waren wir täglich zusammen, sowie auch ein
eingespieltes Team mit Ella. Auch die Geburt verlief kurz und schmerzhaft.
Schon im Krankenhaus hatte Lina einige Schreiphasen, aber nicht schlimm und
auch nicht lang. Wir hielten das Ganze für ziemlich normal zu der Zeit. Ab dem
Zeitpunkt , an dem wir endlich nach Hause durften, begann jedoch das Weinen.
Leider war es nicht dieses süße Neugeborenen-Weinen, sondern ein richtiges
Schreien und es zog sich über Stunden. Ich übertreibe nicht, wenn ich sage,
dass es täglich um die 6 Stunden andauerte. Ihr Kopf wurde dabei knallrot, die
Fäuste bereit für den Boxkampf und sie schrie. Sie schrie sich ihre Lungen aus
dem Leib. Das ging von morgens bis abends, außer in der Zeit, wo ich sie
stillte oder sie schlief. Wenn ihr noch nie ein Schreibaby erlebt habt, kann
ich euch sagen, es zerreißt, es tut weh und es macht wütend. Es verursacht einen
Rollercoaster der Gefühle und es spielt keine Rolle, dass das Baby ruhig ist,
wenn es schläft, denn es beeinflusst trotzdem euer ganzes Wohlbefinden.
Ich bin ein handlungsorientierter
Mensch und muss immer alles hinbekommen und "reparieren" und das meistens
sofort. Ich wollte ihr helfen und ich wollte sie irgendwie beruhigen. Also fing
ich an wieder Bücher, Artikel, Blogposts und Experten-Tipps zu lesen, aber
nichts hat geholfen. Ich trug die kleine Lina kilometerlang in der Trage oder
im Tragetuch, ging wie ein Flamingo auf und ab. Nebenbei musste ich mich
natürlich auch um unsere Große kümmern, die gerade mal 1 Jahr und 7 Monate alt
war. Mein Mann hatte inzwischen wieder die Arbeit begonnen und war unter der
Woche nicht mehr da, wie ich es gewohnt war! Rückblickend frage ich mich, was
ich in dieser Zeit ohne meine Mama und anderen Helferleins gemacht hätte? Oft
war ich nach einiger Zeit so kaputt, dass ich einfach mitweinte. Ich fühlte
mich als Versagerin. Ich als Mutter konnte mein eigenes Baby nicht beruhigen.
Wir haben so viel Geld ausgegeben für alle möglichen Tropfen und Globulis und
haben unzählige Experten-Tipps ausprobiert. Nur wer sie live miterlebt hat,
konnte mich auch tatsächlich verstehen. Meistens konnte sie zu der Zeit niemand
länger wie 30 Minuten halten, weil es ihnen zu viel war, oder es in Tränen
endete und ich auch das Gefühl hatte, dass sie doch bei mir schneller zur Ruhe
fand. Ich bin zu dem Entschluss gekommen,
dass es keine richtige Antwort zu diesen "Koliken" gibt, aber es definitiv
richtig ist, sich Hilfe zu holen. Während dieser Zeit hat man das
Gefühl, dass kein Ende in Sicht ist. Aber es gibt ein Ende!
Genau 3 Tage nachdem sie 3
Monate alt wurde, war der ganze Spuk vorbei. Wir haben seitdem ein
komplett ausgewechseltes und zufriedenes Baby. Sie ist den ganzen Tag gut
gelaunt, hat ein Lächeln bis zu den Ohren und weint nur noch bei Riesenhunger
oder eben dann, wenn das Bäuchlein mal drückt.
Also Mamas und Papas: Es wird besser!
Nach einem bestimmten Zeitpunkt wird es besser. Traut euch eure Familien und
Freude um Hilfe zu bitten. Hätte ich meine Familie nicht in der Nähe gehabt,
wären wir zu dem Zeitpunkt Stammkunden beim Lieferservice geworden, würden
wahrscheinlich 15 kg weniger wiegen und wären psychisch total am Boden. Ich
empfehle euch wirklich, jemanden zu bitten, euch in dieser Zeit zu helfen,
damit ihr auch, wenn nur für kurze Zeit, in Ruhe ausgehen, ein Bad nehmen,
einfach nur alleine raus an die Luft gehen oder mal in Ruhe ein
Mittagsschläfchen halten könnt. Seid offen und sprecht darüber mit Eltern, die
das Gleiche durchmachen oder durchgemacht haben. Zu wissen man ist nicht
allein, kann einen auch nochmals stärken. Und zu allerletzt: seid gnädig zu
euch selbst! Als Eltern erwartet man, dass man den Grund des Weinens oder
Schreiens findet und man schnell eine Lösung dafür hat, aber leider ist ein
Baby manchmal einfach nur ein Schreibaby.
DURCHHALTEN!